Angemessene Wohnkosten nach SGB II
Mit diesem Infoblatt will der MVB dazu beitragen, zu Hartz IV Betroffenen verbindliche Informationen zu geben, statt Panikmache oder Schönfärberei zu unterstützen:
Unsere Aussagen basieren auf dem Wortlaut und der Auslegung des Gesetzes (Sozialgesetzbuch, Zweites Buch SGB II ) und auf der bisherigen Rechtssprechung bzw. der Verwaltungspraxis zur Übernahme von Wohnkosten für Sozialhilfeempfänger.
Unsere Thesen und Erklärungen sollen eine Richtschnur darstellen und gleichzeitig die Betroffenen aufklären und informieren.
ALG II-Bezieher haben auch Anspruch auf „Leistungen für Unterkunft und Heizung.
Gezahlt werden die tatsächlichen Aufwendungen, also die vereinbarte Miete plus Betriebskostenvorauszahlung in voller Höhe. Voraussetzung ist, dass diese Aufwendungen „angemessen sind. Die Frage, was angemessene Aufwendungen sind, ist nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Es gibt bisher keine Anzeichen, dass der Bund von seiner Möglichkeit Gebrauch macht, eine entsprechende Verordnung und damit eine bundeseinheitliche Regelung zu erlassen.
Angemessen sind die Wohnkosten zum Beispiel immer, wenn sie für eine Sozialwohnung aufgebracht werden, also für eine Wohnung die mit öffentlicher Förderung gebaut wurde.
Angemessen sind Mieten, soweit sie sich im Rahmen der Durchschnittswerte der ortsüblichen Vergleichsmiete bewegen. Orientierung bietet der örtliche Mietspiegel. Im Zweifel sind die mittleren Werte älterer Baujahrgänge heranzuziehen.
Angemessen sind in der Regel Mieten, soweit die vom Gesetzgeber festgelegten Höchstbeträge nach dem Wohngeldgesetz nicht überschritten werden.
Für die Angemessenheit der Wohnkosten spielt neben dem Quadratmeterpreis, die Wohnungsgröße eine entscheidende Rolle. Als Faustregel gilt, angemessener Quadratmeterpreis mal angemessener Wohnungsgröße gleich angemessene Wohnkosten.
Was kostet ein Widerspruch?
Verständlicherweise werden Sie Bedenken haben, welche finanziellen Belastungen durch Verfahrenskosten und Gerichtsgebühren auf Sie zukommen, wenn Sie Widerspruch erheben.
In den Widerspruchsbescheiden heißt es regelmäßig, dass der Widerspruchsführer, also Sie, die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Gleichzeitig werden aber keine eigenen Verfahrenskosten in diesen Bescheiden erhoben. D. h., dass Sie nur Ihre eigenen Verfahrenskosten übernehmen müssen.
Haben Sie den Widerspruch allein ohne Rechtsanwalt erhoben, sind das lediglich Ihre eigenen Aufwendungen für die Briefmarke und den Briefumschlag usw.
kostenlose Beratung durch den Mieterverein Brandenburg
Der Schwerpunkt der Tätigkeit des MVB ist die Rechtsberatung und Interessenvertretung bei allen Fragen rund ums Mietrecht.
Beraten und geholfen werden darf aber nur Mitgliedern des Vereins; so schreibt es das Rechtsdienstleistungsgesetz vor.
Personen die mit dem Mitglied einen gemeinsamen Haushalt führen, sind beitragsfrei in die Mitgliedschaft mit eingeschlossen.
An die Mitgliedschaft selbst sind natürlich auch Kosten geknüpft.
für ALG II - Empfänger sind dies:
Aufnahmegebühr ermäßigt*: 15,- €
Jahresbeitrag ermäßigt*: 35,- €
*auf Antrag bei Nachweis eines Haushaltseinkommens abzgl. Warmmiete bis 500 € sowie
Empfänger von Leistungen nach SGB und Schüler / Studenten.
Nutzen Sie ggf. auch die Möglichkeit beim Amt für Soziales und Wohnen einen Beratungsschein zu beantragen. Bei Bewilligung übernimmt der Leistungsträger die Kosten der Mitgliedschaft.
Wir empfehlen auch folgende Broschüren des DMB
Kündigung und Mieterschutz / Mieterrechte und Mieterpflichten /
Geld sparen beim Umzug / Wohnungsmängel und Mietminderung
diese und weitere Broschüren erhalten Sie in unseren Geschäfstellen.
Als tauglich für die Verwaltungspraxis erscheint daher allein die Vermutung, dass die tatsächlichen monatlich bestimmten Heizkosten auch angemessen sind, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte für ein unwirtschaftliches und damit unangemessenes Heizverhalten vorliegen LSG Niedersachsen Bremen 2005. Lediglich bei Anzeichen für individuell unwirtschaftliches Verhalten, wäre eine Einzelfallprüfung der Angemessenheit vorzunehmen.
Hartz IV Bescheid, Was nun?
Die Bundesagentur für Arbeit verschickt Bescheide nach dem so genannten SGB II, besser bekannt unter Hartz IV. Nicht selten sind diese fehlerhaft und bedürfen daher der sorgfältigen Prüfung.
Der MVB bietet seinen Mitgliedern die Möglichkeit der kostenlosen anwaltlichen Prüfung der Bescheide hinsichtlich der Wohnkosten.
Oder prüfen Sie selbst ob z. B. die Wohnkosten vollständig anerkannt und auch die Kosten für Schönheitsreparaturen und kleine Instandhaltungen bei der Leistungsberechnung berücksichtigt wurden.
Der Mieterverein Brandenburg und Umgebung e.V. wird Sie bei der gerichtlichen Prüfung begleiten. Bitte beachten Sie, dass eine Vertretung durch den Mieterverein nicht möglich ist, da es sich ggf. um eine soziale und nicht um eine mietrechtliche Auseinandersetzung handelt.
Wichtig!: Sie müssen selbst Widerspruch einlegen!
Gibt es inhaltliche Zweifel oder wollen Sie grundsätzlich widersprechen, müssen Sie, als Empfänger eines Bescheides nach dem Hartz IV Gesetz, wenn Sie mit dieser Regelung nicht einverstanden sind, selbst Widerspruch einlegen.
Ihr Widerspruch hat dabei keine aufschiebende Wirkung, deshalb muss Ihnen trotz des Widerspruchs das Arbeitslosengeld II in der bewilligten Höhe ausgezahlt werden § 39 SGB II.
Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem Ihnen der Bescheid zugegangen ist, bei der Behörde einzulegen, die den Bescheid erlassen hat. (! Das muss nicht immer die Agentur für Arbeit sein ! )
Beachten Sie dazu bitte die Rechtsbehelfsbelehrung am Ende des Bescheides. Sie müssen diesen Widerspruch nicht begründen.
Das Einlegen des Widerspruchs ist notwendig, um zu verhindern, dass der Sie betreffende Bescheid bestandskräftig wird. Heben Sie auch den erhaltenen Briefumschlag mit dem Poststempel auf!
n Bei der Wohngröße kann als Maßstab auf die Grundsätze für den sozialen Wohnungsbau, das heißt auf das Gesetz über soziale Wohnraumförderung und entsprechende Verwaltungsvorschriften der Länder, zurückgegriffen werden.
Beispiel laut Bundeswirtschaftsministerium:
1 Person ca. 45 bis 50 Quadratmeter
2 Personen ca. 60 Quadratmeter oder zwei Wohnräume
3 Personen ca. 75 Quadratmeter oder drei Wohnräume
4 Personen ca. 85 bis 90 Quadratmeter oder vier Wohnräume
Unangemessene hohe Aufwendungen (Wohnkosten) werden so lange gezahlt, wie es dem ALG II-Bezieher nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, die Aufwendungen zu senken. In der Regel, so das Gesetz, soll dies aber höchstens 6 Monate gelten.
Ist eine Senkung der Wohnkosten für den ALG II - Bezieher nicht möglich, weil es auf dem örtlichen Wohnungsmarkt keine Alternativangebote gibt, weil bezahlbare Wohnungen Mangelware sind, werden die tatsächlichen Wohnkosten weitergezahlt.
Auch wenn eine Reduzierung der Wohnkosten zurzeit oder auf die Dauer unzumutbar ist, müssen unangemessen hohe Wohnkosten weiter übernommen werden. Gründe können hier sein: Alter, Krankheit, Schwangerschaft des ALG II-Beziehers selbst oder beispielsweise auch eines Familienmitgliedes.
Die Wohnkosten können gesenkt werden, durch Vermietung oder Untervermietung eines Teils der Wohnung. Soweit dies möglich ist besteht keine Verpflichtung zum Umzug.
Die Wohnkosten können gesenkt werden, durch den Umzug in eine kleinere und / oder preiswerte Wohnung.
Das Gesetz gibt dem Mieter kein Sonderkündigungsrecht für seine alte Wohnung und kein Recht zum Vertragsbruch. Das bedeutet, Kündigungsfristen sind einzuhalten, wenn individuell vertraglich vereinbart, je nach Wohndauer bis zu 12 Monate. Eine Anpassung innerhalb der Regelfrist von sechs Monaten ist hier nicht möglich.
Der Bürger sollte bereits bei Antragsstellung darauf hinweisen, wenn längere Kündigungsfristen oder ein Kündigungsausschluss vereinbart worden sind.
Reduziert der ALG II - Bezieher seine Wohnkosten trotz schriftlicher Verpflichtung durch die Kommune nicht, kürzt diese die Leistungen für die Unterkunft auf das angemessene Maß. Das bedeutet, der Mieter muss die Differenz zwischen den tatsächlichen und den angemessenen Unterkunftskosten selbst finanzieren.
Bei der Prüfung, ob die Wohnkosten angemessen sind oder letztlich ein Umzug "angeordnet" wird, muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Zu bewerten sind die sozialen und wirtschaftlichen Nachteile für die Betroffenen, die tatsächlich zu erwartenden Kostenersparnisse durch den Umzug; auch unter Berücksichtigung der Umzugskosten selbst und der voraussichtlichen Dauer der Arbeitslosigkeit.
Bevor von Mietern die Reduzierung der Wohnkosten, also ein Umzug oder Untervermietung, verlangt wird, sollte geprüft werden, ob in vergleichbaren Situationen die Verwertung des selbst genutzten Eigentums angeordnet würde. Es darf keine Ungleichbehandlung zwischen Mietern und selbst nutzenden Eigentümern geben.
Genossenschaftsanteile sind wie selbst genutztes Wohneigentum zu behandeln. Eine Verwertung durch Verkauf ist regelmäßig nicht geschuldet.
So genannte Wohnungsbeschaffungskosten, Mietkaution und Umzugskosten muss die Kommune übernehmen, insbesondere wenn sie den Umzug veranlasst und / oder gefordert hat. ALG II - Bezieher sollten sich die Übernahme dieser Kosten vorab durch den Leistungsträger zusichern lassen.
Schönheitsreparaturen werden im Sozialgesetzbuch nicht ausdrücklich angesprochen, dürften aber zu den Unterkunftskosten gehören, soweit es sich um laufende Schönheitsreparaturen während der Mietzeit handelt. Nach Auffassung des DMB gilt das Gleiche für Schönheitsreparaturen bei Auszug. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Übernahme der Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen Bestandteil der Miete. Der BGH hat ausgeführt, dass der Mieter durch ansparen Vorsorge für die spätere Renovierungsverpflichtung treffen kann. Wenn dieser Gedanke fortgeführt wird, sind auch Schönheitsreparaturen Gegenstand der Miete und als solche von den Kommunen zu tragen. Vorsorglich sollte mit der Bewilligung von ALG II ein Antrag gestellt werden, die Ansparung für spätere Renovierungsverpflichtungen vorzunehmen oder eine Erklärung abzugeben, dass die Kosten dafür später von der Kommune übernommen werden.
Mietschulden gehören nicht zu den Wohnkosten. Sie können von der Kommune aber als Darlehen übernommen werden, wenn andernfalls die Räumung der Wohnung und damit letztendlich Obdachlosigkeit droht, sofern hierdurch die Aufnahme einer in Aussicht stehenden Beschäftigung verhindert würde.
Die Wohnkosten sind direkt an den ALG II - Bezieher auszuzahlen. Nur wenn eine "zweckentsprechende Verwendung", das heißt die Zahlung der Miete an den Vermieter nicht sichergestellt ist, kann die Kommune ausnahmsweise auch direkt an den Vermieter überweisen.
Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung, einschließlich Haushaltsgeräte, sind in der Regelleistung nicht enthalten; sie werden gesondert erbracht.
Angemessene Heizkosten
Man kann davon ausgehen, dass die Kommunen grundsätzlich befugt sind, sowohl die Grundmieten als auch die Heizkosten nach oben hin zu begrenzen. Dabei sind sie aber an vergleichsweise strenge Anforderungen der individuellen Angemessenheit gebunden. Das gilt für die Richtwerte selbst, aber auch für die Anwendung derselben, die nicht schematisch erfolgen darf.
Eine allein auf Durchschnittsverbrauchswerte gestützte Kürzung der tatsächlichen monatlichen Heizungskosten auf den nach Ansicht des Leistungsträgers angemessenen Anteil steht nicht mit § 22 Abs.1 Satz 1 SGB II in Einklang. Die Angemessenheit der Heizkosten kann mit Hilfe quadratmeterbezogener Richtwerte nicht hinreichend umschrieben werden (LSG Niedersachsen Bremen 2005 sowie Eicher/Spellbrink 2005 zu §22, Rn. 46.
Wurden Ihre Heizkosten nicht vollständig übernommen lassen Sie sich beraten.
Zur angemessenen Differenzierung sind hier mindestens zu berücksichtigen:
der individuelle Bedarf, also die persönlichen und familiären Verhältnisse z. B. Kleinkinder, behinderte, alte oder kranke Menschen, Erwerbstätigkeit,
die Größe und Beschaffenheit der Wohnung z. B. Lage, Bauzustand, Wärmedämmung, Dichtigkeit der Fenster, Raumhöhen,
die vorhandenen Heizmöglichkeiten z. B. Art, Alter, Zustand und Betriebsart
der Heizanlage,
die örtlichen Gegebenheiten wie Klima, Brennstoffpreise,
die individuelle Leistungsfähigkeit z. B.Hinzuverdienste.
Angesichts der Vielzahl der vom Mieter, jedenfalls ohne einen Wohnungswechsel, nicht zu beeinflussenden Gründe für ungewöhnlich hohe Heizkosten, sind die oft angewendeten einheitlichen Heizkostenobergrenzen rechtlich bedenklich.